Und wieder einmal begibt sich Commissario Tron auf Ermittlungen im Venedig des 19. Jahrhunderts. Und auch diesmal ist dem Autor der Zeitsprung wieder gut gelungen.
Vom ersten Satz an hat man auch im dritten Fall des Commissario mit dem Titel „Gondeln aus Glas“ das Gefühl ins damalige Venedig zurückversetzt zu sein. Nicolas Remin hat das einmalige Talent in einem hohen Stil zu schreiben und trotzdem die Geschichte leicht von der Hand gehen zu lassen. Niemlas wird etwas verkompliziert und trotzdem bleibt die Sprache anspruchsvoll und blumig. Und alles wird hier und da mit einem Quentchen Humor gewürzt.
Eigentlich hat Commissario Tron ja alles andere zu tun als sich um einen Mordfall zu kümmern. Die Hochzeit mit seiner Verlobten, der Principessa di Montalcino, steht vor der Tür, die Arbeiten an einer Literaturzeitschrift stehen kurz vor der Vollendung und die Geldnot des Palazzo di Tron steht kurz davor ihm ernsthafte Sorgen zu bereiten.
Nun soll er auch noch den Mord an dem Kunsthändler Kostolany lösen und einen verschwundenen Tizian wieder aufspüren. Bei der Besitzerin des Gemäldes handelt es sich um niemand anderen als die Königin von Sizilien, Maria Sophia di Borbone, der Schwester Sissis. Diese braucht dringend Geld und bietet den Tizian dem besagten Kunsthändler an, doch leider kommt sein Tod dazwischen. Die Königin möchte das verschwundene Gemälde unbedingt zurück haben.
Doch Verdächtige gibt es reichlich. Plötzlich taucht das Bild wieder auf. Doch gab es da nicht auch eine Kopie des Tizian?
Schon findet sich der Leser in einem ausgeklügelten Verwirrspiel um Original und Fälschung wieder. Nicolas lockt einen immer wieder auf ein falsche Fährte, so dass man das Gefühl hat der Autor hatte beim Schreiben einen Mordsspaß.
Auch die Situation des Adels in Venedig zu dieser Zeit wird toll beschrieben. Sie halten immer noch ihren Adelsstand aufrecht, aber müssen nach und nach ihre Gemälde verkaufen um überhaupt etwas zu essen zu haben. Sie leben „von der Wand in den Mund“. 🙂 Hauptsache der Schein wird aufrecht erhalten.
Wer Action und Spannung sucht, der wird an „Gondeln aus Glas“ weniger seine Freude haben. Aber wer eine gute Geschichte, einen dabei geschickt verstrickten Plot, gute Charaktere und ein Abtauchen in eine andere Zeit sucht, ist hier genau richtig.
Ann Cleves hat mit „Die Nacht der Raben“ einen guten Auftaktroman zu ihrer geplanten Krimireihe, die alle auf den Shetland-Inseln spielen sollen, geliefert.
Den meisten werden die Shetland-Inseln, rund 180 km nördilich der Küste Schottlands gelegen, nur aufgrund der der gleichnamigen Ponyrasse ein Begriff sein. Doch mit friedlichem Reiter- oder Eilandidyll hat „Die Nacht der Raben“ wenig zu tun.
In der Neujahrsnacht besuchen zwei Mädchen, Sally und Catherine, als eine Art Mutprobe den als verrückt geltenden, verschrobenen alten Kauz Magnus Tait. Dieser wurde schon vor Jahren für das Verschwinden eines kleinen Mädchens verantwortlich gemacht. Doch für Magnus entwickelt sich aus diesem Besuch mehr. Er findet vor allem an Catherine gefallen und als er sie ein paar Tage später im Bus wiedertrifft, lädt er sie nochmals zu sich nach Hause ein.
Doch kurz darauf findet die junge Mutter Fran Hunter die Leiche Catherines im Schnee wieder. Sie wurde mit einem roten Schal erwürgt und Raben schwirren um den leblosen Körper. Detective Inspector Jimmy Perez übernimmt die Ermittlungen. Dieser ist als einziger davon überzeugt, dass Magnus Tait nicht der Täter sein könnte.
Das Ganze wird dann noch brisanter als an dem Wikingerfest Up Helly Aa Frans kleine Tochter verschwindet…
Die düstere und drückende Ätmosphäre der Insel nimmt einen vom ersten Moment an gefangen. Und dies ist, zum Glück, einer der Krimis, der nicht auf Tempo setzt, sondern sich Zeit lässt die Geschichte und die Charaktere in Ruhe zu entwickeln. Langsam findet man sich unter den Bewohnern des Eilands und deren Sitten, die zum Teil auf alten Wikingerbräuchen beruhen, wieder. Man wird ein Teil der Insel und fiebert so bis zum Schluss mit.
Und auch dieser ist gut gelungen. Weiß man doch nicht von Anfang an gleich, wer der Täter ist, denn die Autorin Ann Cleeves streut zwischendurch immer wieder geschickt Hinweise, die mehrere Theorien plausibel machen.
Ein anständiger Auftakt für Freunde der guten Geschichtenführung.
P.S.: Der zweite Band der Reihe mit dem Titel „Der längste Tag“ ist diesen Monat erschienen.
Frank Schätzing ist für mich das Symbol des modernen Autors, der sich trotz Talent stets dem Fluss der Kommerzialität unterwirft. So hat der ehemalige Marketingfachmann mal schnell ein altes Manuskript aus seinen Schubladen gezaubert um auf seiner Erfolgswelle weiter abzusahnen. Und wer hat sich natürlich gleich die Rechte an einer Verfilmung gekrallt? Ja, richtig, RTL… 😀
Aber manche alte „Schätze“ sollten lieber verborgen bleiben. So sehen es die Protagonisten in „Die dunkle Seite“ und so sollte es auch Frank Schätzing sehen. Dieser geistige Erguss hätte lieber niemals gefunden werden dürfen, denn er wimmelt nur so von Klischees und ist durch und durch daraufhin auch konstruiert.
Am Ende des Golfkrieges in Kuwait finden drei Söldner der Fremdenlegion einen „Schatz“ bestehend aus Diamanten. Doch sie beschließen diesen erst außer Landes zu schaffen, wenn der Krieg vorbei ist. Einer von ihnen kommt ums Leben und als endlich Frieden herrscht, ist der Schatz natürlich auch weg und dies bedeutet noch mehr Tote…
Fast zehn Jahre später in Köln: Ein absolut harmlos wirkender Geschäftsmann fällt einem Mord zum Opfer und ein gewisser Kommisar Ãœsker ermittelt. Gleichzeitig bekommt die Privatdetektivin, die eigentliche Protagonistin des Buches, Vera Gemini einen Auftrag von einem Unbekannten jemanden aus der Fremdenlegion ausfindig zu machen. Die drei Geschichten laufen zusammen und Gemini fühlt sich von dem geheimnisvollen neuen Klienten so angezogen, dass eine leidenschaftliche und gefährliche Affäre daraus entsteht. Doch dadurch gerät sie in ein Netz, aus dem sie nur schwer entkommen kann…
Dieser etwas diffuse Plot bleibt auch so. Schätzing hat sich teils komplett in seinen Konstruktionen verloren. Und so wirkt die Story an manchen Stellen sehr hölzern.
Auch den Charakteren geht es so. Besonders die Figur der Vera Gemini ist so klischeehaft und leblos gezeichnet. Solche Heldinnen finden sich wohl nur in Männerfantsien wieder. Aus ihrer Scheidung, die sie seelisch fertig gemacht hat, ist sie wiedergeboren als ein Hyper-Super-Duper-Megaweib: tough, selbstbewusst, erfolgreich, super sexy, sportlich und megaintelligent. Zwischen Designermöbeln und -klamotten verfällt sie dem geheimnisvollen, sadistischen, skrupellosen, zynischen und schönen Fremden. Und der treibt natürlich ein hinterhältiges Spiel mit ihr. Doch unser schlaues Naivchen merkt erst gaaanz spät was… OHHH! Der perfekte Stoff für das klischeeverwöhnte RTL-Publikum…
Wie gesagt, ich finde Frank Schätzing hat sonst wirklich Talent. Nur a kann man nicht immer gut sein und b könnte man doch, wenn man dann schon in Kohle schwimmt, solchen billigen Kram lassen wo er ist.
Spätestens seit der Verfilmung seines Buches „Die purpurnen Flüsse“ kennen eingefleischte Krimi– und- Thriller-Fans den Namen Jean-Christophe Grangé. Seine Werke sind kein, zur Zeit leider allzu beliebter, Kommerz-Mystery von der Stange, sondern ausgeklügelt, packend und gut geschrieben.
Sein aktuelles Buch „Das Herz der Hölle“, für dessen Recherche und Ausarbeitung er drei Jahre gebraucht hat, kann sich literarisch absolut mit seinen Vorgängern messen.
Es sticht tief in das Herz der römisch-katholischen Kirche und führt uns in deren Abgründe, das einem das Blut gefriert.
Mathieu Durey und Luc Soubeyras sind schon in ihrer Schulzeit auf einem christlichen Internat die besten Freunde. Nächtelang bleiben sie wach und diskutieren über Gott und die Welt. Nach der Schule trennen sich zwar die Wege der Freunde, doch verfolgen sie beide stets einen ähnlichen Lebensweg.
Beide wollen sie zunächst Priester werden und gehen mit Hilfsorganisationen ins Ausland, Luc in den Sudan und nach Kroatien, Mathieu, genannt Mat, nach Ruanda. Dort wird ihr Glauben an das Gute im Menschen tief erschüttert und sie werden beide nacheinander und unabhängig voneinander Polizisten. Doch haben sie anscheinend unterschiedliche Motivationen: Luc will dem Teufel ins Auge sehen, Mat will ihn bekämpfen und den Menschen helfen.
Bei den Ermittlungen zu einem Mordfall treffen sich die beiden Jugendfreunde nach Jahren aus Zufall wieder. Schnell arbeiten die zwei wieder zusammen. Doch die Freude währt nicht lange. Luc entkommt gerade so einem spektakulären Suizidversuch und liegt fortan im Koma. Doch Mathieu zweifelt an dem Selbstmord seines Kumpels. Warum sollte sein gottesfürchtiger Freund diese Todsünde begehen? Und wenn doch, warum hat er es getan? Diese und andere Fragen lassen Mat nicht mehr los. Er lässt sich vom Dienst suspendieren und ermittelt fortan auf eigene Faust.
Immer mehr wird er in die düsteren Angründe einer bizarren Mordserie hineingezogen, hinter der scheinbar eine Satanssekte steckt…
Die einfach geniale Sprache Grangés macht „Das Herz der Hölle“ zu einem atmosphärisch-dunklen Genuss.
Gut fand ich vor allem, dass sich der Autor am Anfang lange Zeit gelassen hat die Lebensgeschichten der Protagonisten zu erzählen und so ein fundiertes Charakterbild zu erstellen. Man fiebert regelrecht mit Mathieu bei seinen Ermittlungen mit und hat das Gefühl stets nahe am Geschehen dabei zu sein.
Vor allem das absolut überraschende Ende wird jeden vom Sockel hauen.
Das ist Thriller und Mystery vom Feinsten!
Der irische Schriftsteller Michael Collins hat mit seinem Buch „Der Bestseller-Mord“ einen Krimi der eher leisen Töne geschrieben.
Der amerikanische Literaturprofessor Robert E. Pendleton fristet ein für ihn trauriges Dasein. Er ist gescheiterter Schriftsteller, hält sich mit seiner Professur gerade so über Wasser und ist fast schon von Neid auf Gott und die Welt zerfressen. Als er sich versucht umzubringen, scheitert er auch darin. Die Studentin Adi Wiltshire rettet ihm das Leben und pflegt den nun schwerstbehinderten im Wachkoma liegenden Professor. Sie beginnt sich für sein Leben als Autor zu interessieren und schreibt sogar ihre Doktorarbeit über sein literarisches Schaffen.
In seinem Keller entdeckt sie eines Tages ein noch unveröffentlichstes Werk von ihm. „Schrei“ handelt von dem Mord an einem Mädchen und wird, als Adi es veröffentlichts, zu einem Bestseller.
Doch schnell wird klar, dass das Buch erstaunlich große Parallelen zu dem Mord der kleinen Amber Jewel aufweist. Hat Pendleton das Buch nur nicht veröffentlicht, da es seinen Beichte eines Mordes ist?
Michael Collins lässt sich mit der Hinführung zum Höhepunkt sehr viel Zeit. Langsam geht er auf die Charaktere genauer ein und vermittelt so dem Leser das Gefühl die Figuren genau zu kennen. Dieser Aspekt mag vielen Krimi-Fans, die vor allem auf Action und Spannung stehen, so gar nicht gefallen. Doch auf der anderen Seite beweist Collins so, dass es bei interessanten Fällen nicht nur immer um Nervenkitzel geht, sondern dass eine gute Geschichte manchmal schon ausreicht.
Am besten an „Der Bestseller-Mord“ hat mir der ständige unterschwellige Sarkasmus und die Kritik am Uniwesen und dem Literaturbetrieb gefallen. Er entlarvt die Literaturexperten als ein Bande von Wichtigtuern, die sich so sehr in Deutungen und Elitärgehabe verlieren, dass sie das Wichtigste übersehen. Mehr Schein als Sein!
Ein durchaus gelungenes Buch, das beweist, dass es im Krimigenre auch noch anders zugehen kann.
Stellt euch vor, die Geschichte wäre ganz anders verlaufen. Die Nazis hätten ihre Kraft nicht auf die Ermordnung der Juden gelenkt, sondern stattdessen Russland besiegt. Die Atombombe wäre daraufhin nicht auf Japan, sondern auf Berlin abgeworfen worden. Die Gründung des Staates Israel wäre gescheitert und stattdessen haben sich die Juden in Alaska angesiedelt. Auch so könnte es passiert sein…
Und genau dies ist die Ausgangssituation des neuen Buches „Die Vereinigung jiddischer Polizisten“ des Bestsellerautors Michael Chabon („Wonder Boys“).
60 Jahre lang haben die Juden sich in Sitka, Alaska, eine eigene kleine Welt geschaffen mit Jiddisch als Amts- und Umgangssprache. Doch nun soll der Distrikt wieder an Alaska zurückgegeben werden. Erneut droht ihnen Vertreibung und Heimatlosigkeit.
Und als wäre dies nicht schon genug, geschieht auch noch ein Mord. Der Polizist Meyer Landsmann vom Morddezernat, selbst ein total zerrütteter Philip Marlowe, wird zunächst auf den Fall angesetzt. Landsmanns Ehe ist gerade in die Brüche gegangen, er trinkt, wohnt in einem abgeranzten Motel, seine Exfrau ist seine neue Vorgesetzte und jetzt soll er auch noch den Tod eines heroinsüchtigen Schach-Genies, der auch noch eine Art Messias sein soll, aufklären.
Doch als der Fall plötzlich von oberster Stelle her zu den Akten gelegt werden soll, beginnt Landsmann zusammen mit seinem Partner auf eigenen Faust zu ermitteln. Langsam werden sie in eine Welt aus religiösem Wahn und politischem Sumpf hineingezogen…
„Die Vereinigung jiddischer Polizisten“ ist eine Art Hommage an die Krimis der 40er Jahre, wobei Michael Chabon aber seine ganz eigene Sprache gefunden hat. Es ist eine Mischung aus anklingender Melancholie, Verworrenheit und satirischem Humor. Zudem lässt der Autor das Jiddisch auf seine Art wieder aufleben. Wer sich ein Lexikon mit jiddischen Schimpfwörtern schreiben will, ist hier richtig. 🙂
Doch nicht nur das Szenario ist absolut irre und spannend, sondern auch, und das ist ja fast das Wichtigste an Krimis, die Handlung hält einen sofort auf Trab.
Nicht umsonst befand sich dieses Buch monatelang auf den amerikanischen Bestsellerlisten und soll nun sogar von den Coen-Brüdern (zuetzt mehrfach Oscarpremiert durch ihre Adaption von „No country for old men“) verfilmt werden.
Ein wirklich eigenes Buch, das seit langem mal wieder etwas frischen Wind in das Krimigenre bringt. Bravo!
Hier noch der Booktrailer auf youtube…
Das Erstlingswerk des Schweden Johan Theorin mit dem Titel „Öland“ darf man nicht mit anderen skandinavischen Krimis wie Mankell vergleichen. Es hat seinen eigenen ganz besonderen Charme und die Polizeiarbeit wird eigentlich überflüssig.
Auf der kleinen schwedischen Insel Öland verschwindet in den Siebzigern ein kleiner Junge spurlos. Zwanzig Jahre danach erhält seine Mutter Julia einen Anruf von ihrem Ex-Mann. Er hat einen neuen Hinweis zum Verschwinden ihres Sohnes gefunden und Julia soll sofort nach Öland zurückkommen. Sie reist sofort ab.
Alles deutet daraufhin, dass der mysteriöse Nils Kant der Mörder sei, doch dieser ist längst vor dem Verschwinden gestorben. Es gibt jedoch Gerüchte er streife immer noch durch die Gegend. Eine spannende und überraschende Suche beginnt…
Besonders die Sprache von Johan Theorin hat mich begeistert. Die Beschreibungen der Landschaft Ölands unterstreichen die Stimmung auf eine geniale Art und Weise. Sowieso gibt es wohl keinen besseren Schauplatz für solch eine Geschichte. Nebel liegt über einer kargen Ebene. Das Meer konkurriert mit den harten Wetterlagen und Windmühlen und ein paar vereinzelte Touristen kreuzen einem den Weg.
Zudem sind die Charaktere wahnsinnig gut und genau gezeichnet. Man kann sich absolut in ihre Denkweisen hineinversetzen. Gut gefallen haben mir die Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen gefallen, von den Vierzigern bis in die Neunziger.
„Öland“ soll übrigens der Auftakt eines vierteiligen Serie sein, die alle auf Öland spielen und sich nach den jeweiligen Jahreszeiten richten. Dieser Teil spielt im Herbst.
Man darf also auf die Nachfolger gespannt sein. Absolut empfehlenswert. Weiter so, Herr Theorin!
Spätestens seit der Verfilmung (2006) des Buches „Die schwarze Dahlie“ von Brian de Palma oder „L.A. Confidential“ ist vielen der Krimi- und Thrillerautor James Ellroy ein Begriff.
Ellroy ist ein Meister im Beschreiben von düsteren Szenen und noch dunkleren und geheimnisvolleren Charakteren.
Und auch „Die schwarze Dahlie“ trägt diese Stimmung unentwegt vor sich hin. Die Geschichte basiert auf einer wahren Begenbenheit. Die Sprache ist hart, direkt und meist recht zynisch.
Wir befinden uns in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre: Die beiden Cops Dwight „Bucky“ Bleichert und Leland „Lee“ Blanchard, beide Ex-Boxer, werden beide auf den Mordfall des 22-jährigen Möchtegern-Starlets Elizabeth Short angesetzt, deren Leiche bestialisch zugerichtet wurde. Schnell zerreißen die Medien den mysteriösen Fall um die „Schwarze Dahlie“, wie sie aufgrund ihrer Vorliebe für schwarze Kleidung genannt wird.
Der Fall wird für die Polizisten zu einer Obsession der sie nur schwer standhalten können. Immer mehr werden sie in finstere Machenschaften gezogen…
James Ellroy nimmt uns mit in eine Welt voller Korruption, Prostitution, Rassenhass, Brutalität und Intrigen, zudem räumt er nach und nach mit der Industrie in Hollywood auf.
Seine Charaktere sind wahnsinnig gut gezeichnet und er nimmt sich auch zu Anfang genügend Zeit, diese und ihr Leben genau aufzubauen und darzustellen. Stück für Stück nähert er sich dem eigentlichen Handlungsstrang an, so dass man die Handlungweisen der Protagonisten nachvollziehen kann und sogar eine eventuelle Identifikation möglich ist. Durch seinen klaren und gut durchdachten Stil macht er komplizierte Handlung verständlich.
Ein wirklich gut konstruierter und intelligenter Krimi, der einen ziemlich schnell mitreißt und auch immer in dieser Stimmung gefangen hält. Für Thriller– und Krimifreunde absolut empfehlenswert!
Ach übrigens, James Ellroy hat das Drehbuch zu dem neuen Film mit Keanu Reeves „Street Kings“ geschrieben.
Mit „Kalte Asche“ setzt Simon Beckett die Geschichte des Protagonisten David Hunter aus seinem Debütroman „Die Chemie des Todes“ fort.
Und auch hier stellt Beckett sein Talent für langsam heranwachsende Spannung, die sich dann in einem überraschenden Ende entlädt, und Figurenzeichnung unter Beweis.
Der forensische Anthropologe Dr. David Hunter wird auf eine kleine schottische Hebriden-Insel namens Runa gerufen, wo er eine verbrannte Frauenleiche begutachten soll. Doch ein Sturm schneidet die Insel für eine Woche plötzlich von der Außenwelt ab. Als ein weitere Leiche gefunden wird, bleibt Hunter nichts anderes übrig als auch bei den weiteren Ermittlungen der örtlichen Polizei zur Hand zu gehen.
Dieses gelungene Szenario macht die eh schon einsame und kleine Welt der Insel noch kleiner und fördert so die Verdächtigungen und Schuldzuweisungen unter den Anwohnern, denn der Mörder muss unter ihnen sein.
Obwohl Beckett hier wieder, wie schon in „Chemie des Todes“, den Schauplatz der in sich geschlossenen Gemeinde wählt, hat der Leser nicht das Gefühl einer Wiederholung. Er schafft es das kleinbürgerliche und ländliche Milieu noch detailierter unter die Lupe zu nehmen.
Die Charaktere werden nach und nach aufgebaut ohne hölzern oder steif zu wirken. Dies dauert natürlich eine Weile bis dann die Spannung einsetzt, aber genau dieses Zeitlassen habe ich bei all dem sonstigen Action- und Sensationsgeheische als sehr angenehm empfunden.
Das Ende ist wirklich überraschend, wirkt allerdings an manchen Stellen etwas zu sehr konstruiert.
Alles in allem ein wirklich guter und intelligenter Krimi und seinem Vorgänger absolut ebenbürtig.