Luxuskoller
Stellt euch vor, ihr seit 180 Tage zusammen mit den Reichsten der Reichen in absolutem Luxus auf einem Kreuzfahrtschiff eingeschlossen. Für viele mag das im ersten Moment vielleicht verführerisch klingen, doch nach 180 Tagen Hummer, Kavier und Schicki-Micki-Attitüde würden wahrscheinlich die meisten Normalsterblichen am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehen. Und genauso geht es der Hauptperson in Matthias Polityckis neustem Roman.
Der kleine Finanzbeamte Johann Gottlieb Fichtl aus einem bayrischen Kaff mit dem klingenden Namen Oberviechtach gewinnt im Lotto und darf eine 180-tägige Weltreise auf einem Fünf-Sterne Luxus-Kreuzfahrtschiff antreten.
Mit Musterkrawatten und Aldi-Anzug bewaffnet begibt er sich unter die oberen Zehtausend und schafft es tatsächlich so zu tun als gehöre er dazu. Ab sofort ist er nur noch „der Doktor“ und erhält nach und nach neue Einblicke in das skurrile Leben an Bord, die er in seinem Tagebuch festhält.
Die Gesellschaft bzw. die „Kreuzfahrtfamilie“ der „Hütte“, so nennnen die Passagiere den Luxusliner MS Europa, kommt daher wie ein Riesencampingplatz mit Kavier, Hummer, Pool und prominenten Gästen, wie „Vereinsmayer im Frack“. Dazugehören ist alles und die Gerüchteküche brodelt natürlich. Roberto Blanco schmettert „Ein bisschen Spaß muss sein“ und die Leute sind so mit dem Leben an Bord beschäftigt, dass die Ausflüge in über 50 verschiedene Länder eher lästig erscheinen.
Matthias Politycki weiß bei diesem satirischen Feuerwerk, wovon er spricht. Eine Kreuzfahrtgesellschaft hatte ihn als Schiffsschreiber auf eben so eine Weltreise eingeladen. Er musste nur ein Internet-Tagebuch über darüber schreiben. Und zusätzlich ist also auch noch sein Buch „In 180 Tagen um die Welt“ dabei herausgekommen. (Das Hörbuch hierzu mit dem Titel „Das Schiff“ ist übrigens auch sehr zu empfehlen.)
Fast alle Anekdoten sind größtenteils auf dieser Fahrt wirklich passiert und wurden ihm meist heimlich von anderen Passagieren erzählt. Diese skurrile Welt hat er dann, dem Schiffs- und Luxuskoller nahe, überspitzt zusammengefasst. „Jeden Tag Kaviar hält keiner aus. Je länger man an Bord ist, desto weniger hat man Bedarf daran“, weiß Politycki jetzt.
„In 80 Tagen um die Welt“ ist ein Feuerwerk an Satire. Der Autor führt uns in eine vermeintlich fremde Welt ein, in der sich alles um Haben und Besitz dreht, wo der Protagonist erst in den unteren Mannschaftsdecks das wahre Leben findet.
Braten im eigenen Saft… Wohl bekomms! 😉
Modred
Gute Rezension 😉